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Brennnesselfaserseminar in Münsingen, 2023

Auf dem Albgut-Areal in Münsingen, einer ehemaligen Kaserne, habe ich nun schon einige Brennnesselfaserseminare angeboten. Martina und Christine vom Wollwerk haben mich in diesem Jahr sogar zweimal eingeladen, dort Kurse zu leiten, da es die letzten Jahre eine lange Warteliste gab. Der Ort ist ideal. Das Umfeld, der Laden und die Ausstellungen mit textilen Kunstobjekten einfach wunderschön und spannend. Auch für mich, da es jedes Jahr neues zu Entdecken gibt.

 

12 Frauen sind gekommen, um die Brennnessel und vor allen Dingen die Faserherstellung damit, kennen zu lernen. Zuerst geht es in die Brennnesseln und ich zeige und erzähle von den heilsamen Brennhaaren an den frischen Pflanzen. Es ist mir wichtig, dass man sich mit der Brennnessel anfreundet, die Angst vor den Brennhaaren verliert, um sich mit ihr intensiv beschäftigen zu können. Eine Teilnehmerin fühlte sich direkt „high“, nachdem sie sich mit der Brennnessel auf dem dritten Auge, dem Stirnpunkt, ein wenig berüht hatte. Wolf Dieter Storl erwähnte in einem seiner Bücher, dass die Brennnessel eine der stärksten psychedelisch wirkenden Pflanzen ist, im 2. Band von Christian Rätsch, der „Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen“ wird sie auch erwähnt, als angstlösende Pflanze. Durch die vielen Kurse, die ich nun schon gemacht habe und auch die Kräuterwanderungen, bei denen ich den Menschen die Brennnessel näher bringe, kann ich diese Wirkungen bestätigen.

 

Der Ablauf meiner Kurse ist immer ähnlich: Brennnesseln ernten, worauf kommt es bei den Stängeln an, welche Qualitäten gibt es, was ist der Unterschied bei frischen Stängeln und den angerotteten (Fachbegriff „geröstet“). Die erste Kordel für ein Armband wurde gedreht, dann am Wollwerk weitere Stängel abgezogen. Wie man mit ungekordelten Fasersträngen ganz einfach einen Räucherbuschen binden kann, habe ich auch gezeigt. Es gab zwei Geschichten am Vormittag über die Brennnessel: Wie die Brennnessel die Menschen rettete und über die Jungfrau Marlen, eine Prinzessin, die in der Not Brennnesseln gegessen hat und durch die Brennnessel wieder mit ihrem Prinzen zusammen sein konnte.

 

Mittags ging es zur Nudelmanufaktur mit Nudelmuseum nebenan und wir bekamen ein leckeres Mittagessen. Es war auch noch ein bisschen Zeit, sich im Laden umzusehen. Im Wollwerk gibt es wunderschöne Sachen aus Schafwolle und auch seit ein paar Jahren aus Brennnessel. Aus Nepal kommen feinste Schals, Westen, Hüte, Pullover, Taschen, Stoffe und Garn. Wer die Brennnesselfaser-Kurse mitmacht, kann diese Textilien schätzen, denn eigentlich sind diese unbezahlbar. Denn auch in Nepal wird die Brennnesselfaser komplett in Handarbeit hergestellt.

 

Am Nachmittag habe ich das Nadelbinden gezeigt. Jeder hat den Beginn eines Netzbeutels in einer einfachen Schlingtechnik hinbekommen. Die Pulpe für das Papierschöpfen haben wir auch noch angesetzt. Die Fasern für das Papier bringe ich fertig mit, es sind meine aufgetragenen Brennnesselschuhe, zerschnitten und im Mixer zerkleinert.

 

Ich durfte diesmal auf dem Albgut-Areal in einer ehemaligen Truppenunterkunft, die zu Hotelzimmern umgebaut wurden, übernachten, ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Auf dem Areal werden Räume für Veranstaltungen vermietet. Abends konnte ich noch in Ruhe, dort fahren keine Autos, herumspazieren und die vielen Raben im Himmel beobachten.

 

Beim Frühstück musste ich mich beeilen. Es gab ein leckeres Frühstückbuffet, der Kurs ging schon um 9 Uhr weiter. Es wurde gleich mit dem Fasern abziehen für das Spinnen begonnen. Papier wurde nebenbei geschöpft und die einfache Kreuzspindel zurechtgeschnitzt. Beim Säubern, Glätten und Kämmen der Fasern kommt manchmal etwas Frust auf, weil es scheint, dass kaum etwas übrig bleibt. Ich muss dann beruhigen, da man für das Brennnesselspinnen wenig Material benötigt, der Faden kann ganz fein gesponnen werden. Mittags waren wir dann ziemlich hungrig wieder in der Nudelmanufaktur. Es gab leckere Lasagne.

 

Am Nachmittag kommt dann sozusagen zur Kröhnung das Spinnen der Fasern dran. Das ist noch einmal eine große Herausforderung und Konzentration ist gefragt. Was bei dem warmen Wetter und nach dem Essen nicht ganz einfach war. Wir wollten gerne draußen bleiben und die leichten Windboen machten es auch nicht einfacher. Brennnessel ist außerdem eine besonders schwierig zu verspinnende Faser und deshalb können die Teilnehmerinnen stolz auf sich sein, dass sie es geschafft haben, einige Meter Faden sehr schön und gleichmäßig gesponnen zu haben. Auch das Papier war nun getrocknet und jede konnte sich ihr Blatt heraussuchen.

 

Es gab außerdem das Märchen der 6 Schwäne zu hören, ein Brennnessel-Räucherbuschen wurde angezündet und Brennnesselenergiebällchen und einen Brennnessel-Apfel-Kombucha gab es als Kostprobe.

 

Nach den zwei Tagen hat man sich ein bisschen kennengelernt. Ich habe irgendwie Spaß daran zu sehen, wie die Teilnehmer zeitweise an ihre Grenzen kommen, denken, das wird alles nichts, etwas verzweifelt schauen und dann freudig verwundert sind, was sie doch zustande bekommen haben. Es darf aber niemand aufgeben, dass ist mein Ehrgeiz bei den Kursen, den Teilnehmernn Mut zu machen, einfach weiter zu probieren, bis es klappt.

 

Es ist auch schön für mich, ein bisschen von den Teilnehmerinnen zu erfahren, obwohl leider sehr wenig Zeit dafür ist. Da gibt es Textilkünstlerinnen, Kräuterfrauen, Waldpädagogen und sonstige kreative Menschen, die sich ein bisschen Wildheit im schönen Sinne bewahrt haben. Eine Teilnehmerin hat mir noch einen Friedhofshonig zum Abschluss geschenkt. Was für eine schöne Idee, diesen Ort so ein wenig aus der Tabuecke zu holen..

 

Danke noch mal an Martina und Christine. Der nächste Kurs ist im Oktober und für 2024 haben wir auch schon einen Kurs in Planung.

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